Dass Wein - in Maßen genossen - der Gesundheit nicht schadet, sondern sogar nützt, wird heute kaum noch von jemanden in Abrede gestellt. Die Erkenntnis ist aber gar nicht neu. Schon in derAntike schrieb man dem Wein heilkräftige Wirkung zu, und der diesbezügliche Spruch des griechischen Philosophen Plutarch (46 - 125 n. Chr.) ist bis heute überliefert geblieben und hat nichts von seiner Gültigkeit verloren: „Wein ist unter den Getränken das nützlichste, unter den Arzneien die schmackhafteste, unter den Nahrungsmitteln das angenehmste.“ Tatsächlich wurde Wein immer wieder als Medizin eingesetzt und unter anderem für seine desinfizierende aber auch für seine animierende Wirkung geschätzt. So soll Dr. Ignaz Semmelweis, der als Entdecker der Ursache des Kindbettfiebers in die medizinischen Geschichtsbücher eingegangen ist, einer glaubhaften Schilderung meines Hausarztes zufolge seinen Patientinnen eine Piccolo-Flasche Sekt verschrieben haben, wenn diese etwas blass und blutarm wirkten. Man kannte also sehr wohl die eine oder andere positive Auswirkung des Rebensaftes auf den menschlichen Körper – ohne freilich genau über die Ursachen Bescheid zu wissen. Heute werden diese Wechselwirkungen durch eine Vielzahl von Studien und Forschungsarbeiten dargestellt, und man kann ohne weiteres sagen, dass die positiven Auswirkungen des Weinkonsums auf die Gesundheit wissenschaftlich erwiesen sind.
Ein Paradoxon, das keines war
Begonnen hat die Diskussion um Schaden und Nutzen des Weines mit der Entdeckung des so genannten „Französischen Paradoxons“. Im Jahr 1988 zeigte eine Untersuchung, dass die Menschen im Süden Frankreichs weit seltener an Herzinfarkten oder Schlaganfällen starben und eine weit geringere Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) aufweisen als die Nordeuropäer. Und das trotz ihrer guten, üppigen und durchaus nicht fettarmen Ernährung. Was zuerst paradox erschien - und übrigens auch für die Bewohner anderer Mittelmeerländer von Portugal bis Griechenland gilt - fand bald eine Erklärung. Die Ursache liegt in der mediterranen Ernährungsweise. Sie basiert auf viel Fisch (statt Fleisch), frischem Obst und Gemüse, Kohlehydraten (Brot, Nudeln), weniger tierischen und mehr ungesättigten Fetten (Olivenöl). Aber nicht zuletzt auch auf dem regelmäßigen Konsum von ein paar Gläsern Wein am Tag, der in Ländern wie Frankreich, Spanien oder Italien ganz selbstverständlich als Essensbegleiter und Teil der Alltagskultur angesehen wird. Nach der Entdeckung dieses Phänomens sprossen einschlägige Studien wie die Schwammerln aus dem Boden Gesundheit um nichts nachsteht. Selbst in den USA, wo eine besonders mächtige Anti-Alkohol-Lobby am Werk ist, besann man sich vor einigen Jahren. Seither verlangt der Gesetzgeber keine Warnhinweise mehr auf Weinetiketten und erlaubt den Erzeugern sogar, explizit auf den positiven Effekt des Weines auf die Gesundheit hinzuweisen.
Die positiven Seiten
Die positiven Auswirkungen des Weinkonsums sind so vielfältig, dass man es als Nicht-Weintrinker direkt mit der Angst zu tun kriegen könnte. Dr. Ellison, ein Epidemiologe der Universität Boston, fand etwa: „Abstinenz ist ein Risikofaktor für Herzerkrankungen.“ Tatsächlich liegen die Haupteffekte des Wein-Genusses aufgrund seines Alkoholgehalts, vor allem aber aufgrund der darin enthaltenen Phenole (bestimmte nichtalkoholische Bestandteile des Weines wie Gerbstoffe, Farb- und Aromastoffe, die bei der Weinbereitung aus den Schalen der Beeren gelöst werden), Cholesterinwerte im Blut, indem er die „bösen“ LDL-Cholesterine senkt und das „gute“ HDL-Cholesterin fördert. Außerdem senkt der Genuss von Wein den Blutdruck und vermindert durch die Verbesserung der Gerinnungs- und Fließeigenschaften das Thrombosenrisiko, was wiederum vor Herzinfarkt schützt. Darüber hinaus fördert der Rebensaft durch Anregung der Magensaftproduktion die Verdauung und beeinflusst Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Leber positiv in ihrem Stoffwechsel. Damit noch nicht genug: Wein entschlackt den Körper, stärkt die Immunabwehr, bekämpft Reisedurchfall, beschleunigt die „Bioregeneration“, verbessert die Sauerstoffversorgung des Gehirns, entspannt und baut Stress ab.
Das richtige Maß
Will man von all diesen positiven Effekten profitieren, ohne dafür negative Auswirkungen – von Schädigungen der Leber bis zur Alkoholsucht – in Kauf zu nehmen, ist allerdings eine gewisse Zurückhaltung angebracht. Denn die oben erwähnten Feststellungen beziehen sich auf den so genannten „mäßigen“ oder „moderaten“ Weinkonsum. Der beläuft sich bei Frauen - je nach Studie - auf maximal 20 bis 30 Gramm und bei Männern auf höchstens 30 bis 50 Gramm Alkohol pro Tag, was etwa 0,2 bis 0,3 Liter Wein weiblicherseits und 0,3 bis 0,5 Liter bei den Herren entspricht.
In diesen Mengen genossen, sollte sich der Rebensaft für gesunde Menschen, die sich vernünftig ernähren, als wahres Lebenselixier erweisen, wobei der Spruch: „mäßig aber regelmäßig“ hier absolut zutrifft. Da der Körper permanenten Bedarf an positiven Substanzen wie Antioxidantien hat, die ihm durch den Wein zugeführt werden, empfiehlt es sich durchaus, regelmäßig Wein zu trinken. Allerdings sollte auch dabei der Genuss im Vordergrund stehen und der Wein nicht als Medizin angesehen werden.
Mit Wein pflegen und kurieren
Man muss den Wein allerdings nicht unbedingt trinken, um von den positiven Eigenschaften der Traube zu profitieren. Ausgehend vom Château Smith-Haut-Lafite im französischen Bordeaux, wo vor einigen Jahren erstmals eine so genannte „Vinotherapie“ entwickelt wurde, gewannen Behandlungen mit Extrakten und Ölen aus Trauben rasch an Popularität. Auch in Österreich setzt man etwa im „wine & spa resort LOISIUM Hotel“ in Langenlois auf Weinverwandte Therapien und Wellness-Anwendungen. Für Peelings, Massagen und andere Behandlungen wird hochwertiges, kaltgepresstes Traubenkernöl verwendet, das die Haut strafft, pflegt und besonders geschmeidig macht. Auch hier spielen nicht nur der hohe Gehalt an ungesättigten Fett- und Linolsäuren, sondern auch die Polyphenole eine wichtige Rolle: Sie wirken antioxidativ und entzündungshemmend und es wird ihnen ganz zeitgemäß ein „Anti-Aging-Effekt“ zugeschrieben. Wer übrigens einmal nachvollziehen will, wie es dem Wein so geht, wenn er noch im Fass plätschert, dem sei das „Barrique-Bad“ in aromatischen Traubenextrakten mit anschließender Traubenkernöl Massage und Körperwickel empfohlen.