Venetien
Venedig darf sich der fantasievollsten Küche Italiens rühmen. Als historische Hafenstadt, die Handel mit dem Orient betrieb, freundete sich Venedig schon früh mit einer Fülle an Gewürzen und exotischen Zutaten an. Vanille, Zimt, Nelken, Ingwer, Muskatnuss, aber auch Mais, Melanzani, Pinienkerne, Mandeln und Rosinen erreichten die Stadt auf dem Seeweg und hielten Einzug in die regionale Küche. Österreichische Einflüsse werden vor allem auf den Desserttellern sichtbar in Form von Kipferln oder Strudeln.
Auf das Grundnahrungsmittel Reis bauen viele venezianische Gerichte auf, eines der bekanntesten ist das schlichte risi e bisi, Reis mit Erbsen; je nach saisonalem Angebot werden die Erbsen durch junge Hopfentriebe, Kürbis oder Zucchini ersetzt. Das frische Gemüse stammt vornehmlich aus Treviso, dem Garten Venedigs, wo auch der berühmte radicchio gedeiht, der in Risotti, als Pastasauce oder Grillgemüse zum Einsatz kommt. Das risotto mare e monti, Risotto mit Garnelen und Steinpilzen, vereint die Aromen des Meeres und des Waldes auf beste Weise.
Selbstverständlich holt man sich in der verzauberten Hafenstadt das Meer auf den Teller und speist marinierte Polypen oder eine Pasta mit Heuschreckenkrebsen. Für sarde in saor werden Sardinen in Zwiebeln, Weißwein und Gewürzen eingelegt und mit Radicchio, Pinienkernen, Zwiebeln und Rosinen serviert. Die geschätzten Zwiebeln machen seit vielen Generationen fegato alla veneziana, Kalbsleber, zu einem zarten Gaumenschmaus.
Im Hinterland weichen die kreativen, leichten Gerichte einer deftigen Kost mit viel Polenta, Reis, Salami, Bohnen, Enten und Gänsen; selbst die Pasta wird mit einer nahrhaften Entensauce (pappardelle all’anatra) serviert. In Bassano del Grappa können Sie einen der besten grappi Italiens verkosten, auf dem Küchenzettel spielt Spargel, asparago, eine Hauptrolle, er mundete schon den Dogen von Venedig. In Vicenza sollten Sie baccala alla vicentina probieren, Stockfisch, geschmort in Milch mit Sardinen, Zwiebeln und Petersilie; purea di baccala, Stockfischpüree, wird in der gesamten Region zubereitet.
Friaul
Schroffer Karst, fruchtbare Ebenen, Felsklippen und Sandstrände an der Küste: So vielfältig wie die Landschaftsformen, so vielfältig zeigt sich auch die Küche des Friaul. Bis heute hat sie ihre bäuerliche Prägung mit deftigen, bodenständigen Gerichten bewahrt, die auf Polenta, Bohnen, Reis, Buchweizen und Gerste zurückgreifen. Die Polenta aus Mais- oder Buchweizengrieß wird gerührt, gebacken oder gegrillt und dient als unverzichtbare Beilage und Hauptgericht. Frico, ein sättigendes Gericht aus Bergkäse, Erdäpfeln und Polenta, stellt auch den hungrigsten Bauch zufrieden. Gekäst wird in den Julischen Alpen; eines der schmackhaftesten Ergebnisse heißt montasio: Der strohgelbe Hartkäse mit dem milden Aroma wird jung mit einem Stück Brot zur Jause gegessen, gereift als Dessertkäse oder zum Überbacken verwendet.
In anderen Regionen als Abfall bewertet, nutzt die friulanische Alltagsküche auch die nicht so edlen Teile des Schweins, den Rüssel, Schwarten, Zunge oder Haxerln und Innereien. Wertvolles entsteht hingegen aus den Schlögeln der Schweine aus der Po-Ebene: würzig-süßlicher prosciutto di San Daniele mit der typischen weißen Fettschicht. Mehrere Stunden geräuchert und zumindest ein halbes Jahr lang luftgetrocknet wird pancetta, ein reinweißer Bauchspeck, der für die Zubereitung von Pastasaucen und Eintöpfe verwendet wird. Mit vielen anderen Bergregionen teilt Friaul-Julisch-Venetien die Liebe für wärmende Suppen, verbreitet aus Gerste und Gemüse wie die Triestiner Iota aus Bohnen, Erdäpfeln, Sauerkraut und Speck. Beim allseits beliebten Gulasch werden ungarische Hinterlassenschaften sichtbar.
Besonders bei den süßen Gerichten wird der Einfluss der Nachbarn Slowenien, Kroatien und Österreich deutlich: die süße Rolle gubana (putizza in Triest), die vor dem Servieren mit Slivovitz übergossen wird; der Germkuchen pinza; šnite, üppige Cremeschnitten; verschiedenste Strudel und frittole, die Faschingskrapfen, gehören zum Standardprogramm im zuckersüßen Triest.
In der Hafenstadt Triest spielt der Fisch wieder eine Rolle, z. B. als baccala alla triestina, Stockfisch, der mit Sardinen, Erdäpfeln und Petersilie in einer Suppe (brodeta) gegart wird.
Piemont, Südtirol und Aosta-Tal
Während im Tal auf fruchtbarem Grün Obst, Gemüse und Wein angebaut wird, betreiben die Menschen in den Bergen Almwirtschaft. Lange Arbeitstage und harte klimatische Bedingungen verlangen nach deftigen, sättigenden Gerichten: Wärmende dicke Suppen, Butter statt Olivenöl, reichhaltige Eintöpfe, Frittiertes, Erdäpfel (gnocchi), Reis und Polenta bestimmen den Speiseplan. Generell wird mehr gedünstet und gekocht als gebraten. Die würzigen Bergwiesen bieten den Weidetieren bestes Futter, und diese wiederum liefern die wunderbare Milch zum Käsen. Hervorragende Käsesorten wie Pustertaler Bergkäse, fontino oder rabiola werden auf den Bergen gekäst, meistens Hartkäse, denn Haltbarkeit ist in abgeschiedenen Lagen ein Muss.
Tiroler Gerichte und mediterrane Küche geben sich in Südtirol ein Stelldichein. Das dünne, knusprige Schüttelbrot aus Schlern, Graukäse aus dem Pustertal, Speckknödel oder schwarzplentene Knödel (Buchweizenknödel) auf der Seiseralm und Polenta aus dem Kupferkessel gehören zur Kost der Bergler. Gesottene Würste aus Schweinefleisch stillen den Hunger mit Sauerkraut und Knödeln, und Schöpsernes wird langsam im Ofen zubereitet. Pasta hat sich auch in Südtirol durchgesetzt, die regionale Pastaspezialität heißt Tirtlan, Teigtascherln, gefüllt mit Topfen, Spinat oder Sauerkraut. Sie werden allerdings nicht in Salzwasser gekocht, sondern in Schmalz herausgebacken.
In der Speckherstellung sind die Südtiroler wahre Meister: Neben aromatisch-magerem Schinkenspeck, der mild bei geringer Temperatur geräuchert wird und langsam an der Luft reift, wird lardo, weißer Speck, hergestellt. Auch er darf lange reifen und wird mit Zimt, Koriander, Pfeffer und Rosmarin gewürzt.
Das Aosta-Tal ist umringt von imposanten Bergen, und diese Abgeschiedenheit hat dafür gesorgt, dass sich die Gerichte und deren Zubereitung über lange Zeit hinweg nicht verändert haben. Die schwere Zugänglichkeit machte es auch erforderlich, sich um die Haltbarkeit der Nahrungsmittel ganz besonders zu kümmern. So werden im Norden köstliche getrocknete Hirschwürste hergestellt, auch Gamsfleisch wird durch Trocknen haltbar gemacht. Der Wald versorgt die Bewohner des Aosta-Tals nicht nur mit Reh, Hirsch und Gams, sondern auch mit Pilzen, Beeren und Kastanien. Das dunkle und würzige Rehfleisch wird mit fruchtigen Saucen, manchmal mit Preiselbeeren, Johannisbeeren oder Brombeeren kombiniert oder - wie im Piemont - für Pastascaucen verwendet. Einige Rezepte sind den ins Aosta-Tal gezogenen Wallisern zu verdanken, z. B. fonduta, die einheimische Variante des Schweizer Käsefondues, das ohne Schnaps zubereitet wird, dazu gibt es Roggenbrot. Mit Käse wird beim Kochen nicht gegeizt, auch mato, ein beliebter Erdäpfel-Kürbis-Reis-Auflauf, wird mit vielen Lagen Käse zubereitet.
Die Bedingungen im Tal sind um einiges leichter – und damit auch die Küche. Im Piemont besticht die zart elfenbeinfarbene weiße Trüffel aus Alba mit einem exquisiten Aroma, das die Gastro-Touristen in Scharen anlockt und frisch über pasta, Risotti und Fleischgerichte gehobelt wird. Eine Spezialiät des Piemont ist vitello tonnato; gekochtes Kalbfleisch wird in Scheiben geschnitten und nach dem Erkalten mit einer Thunfischsauce übergossen. Für ein Lieblingsgericht der Piemontesen, bagna cauda, wird Gemüse mit warmer Sardellensauce übergossen. Eine besondere Note erhält zartes Kalbfleisch durch das Einstreichen mit einer Haselnusspaste. Kurz vor Garende wird die aromatische Paste aus Haselnüssen und Kräutern für arrosto di vitello alla nocciole auf dem Braten verteilt.
Lombardei
In Mailand, der umtriebigen Hauptstadt der Lombardei, gelingt es manchmal nur schwer, zu einer lombardischen Regionalküche durchzudringen; der ganze Erdball scheint mit einem Restaurant in Milano vertreten. Bei einer Entdeckungsreise durch die heimische Küche stoßen Sie auf den pikanten, grün-blauen Schimmelkäse gorgonzola, der für ein kräftiges Risotto verwendet wird; auf cremiges tiramisu, dem die mascarpone, der lombardische Frischkäse, seinen feinen Buttergeschmack verleiht; auf risotto alla milanese mit seinem herrlichen Safrangeschmack, und ein Risotto mit Schleien, die vielfach in der regionalen Küche verwendet werden.
Polenta wird in der Lombardei häufig aus Buchweizenkörnern, polenta di grano saraceno, zubereitet, das dunkle Mehl kommt aber auch bei Pasta, Teigen, Palatschinken und Torten zum Einsatz. Hinter pizzacheri verbirgt sich ein Schmankerl aus der Valtellina, Bandnudeln aus Buchweizenmehl, zubereitet mit Wirsing und Erdäpfeln. Aus dem Tal der Valtellina stammt auch eine besondere Würze: pesteda aus Salz, Pfeffer, Knoblauch, Thymian, Wacholderbeeren und gutem Rotwein. Die frisch-säuerliche Sauce gremolata aus verschiedenen Kräutern, Knoblauch und geriebener Zitronenschale wird vor allem zu Ossobucco, in Scheiben geschnittene, gegarte Kalbshaxen, serviert.
Mit der Emilia-Romagna teilt sich die Lombardei die Vorliebe für Würste - und steht den Erzeugnissen der Nachbarregion qualitativ um nichts nach: bresaola, getrockneten Rinderschinken, schätzt man weit über Italien hinaus. Hauchdünn geschnitten erscheint er als antipasti, gemeinsam mit Ruccola wird er zu einer Pasta-Sauce. Rohe Hartwürste wie die soppressa aus grobem Schweinefleisch, Salz, Nelken, Rosmarin und Knoblauch, oder die berühmte Mailänder salami gehören mit bresaola auf den antipasti-Teller. Rohe Frischwürste aus klein geschnittenen, gewürzten Fleischstücken werden genauso wie pancetta zum Kochen verwendet, z. B. für cassoeula, einem Eintopf aus Würsten, Schweinefleisch und Wirsing, der traditionell mit Polenta angerichtet wird.
Emilia-Romagna
Im Norden begrenzt der Lauf des Po die Emilia Romagna, im Süden blickt sie hinauf zum Appenin, freut sich über gute Nachbarschaft mit der Toskana und das milde Klima durch die angrenzende Adria.
Die Emilia Romagna ist ein wahres Paradies für Feinschmecker, nicht umsonst trägt sie den Beinamen „Bauch von Italien“. Die besten Zutaten für kalte antipasti haben hier ihr Zuhause: der körnige parmigiano reggiano und der milde prosciutto di parma mit der süßen Note aus Parma, mortadella mit Pistazien und ganzen Bauchspeckstückchen aus Bologna, coppa (eine aus dem Halsmuskel des divina porcello, des „göttlichen Schweins“, gewonnene Wurst) aus Piacenza und in Olivenöl eingelegte Artischocken. Ein Hochgenuss, serviert mit piadina, den typischen Teigfladen aus der Region.
Tortellini, liebevoll als Nabel der Venus di Milo bezeichnet, werden nicht nur in Bologna, das sich der besten Rezepte rühmt, geliebt: Gefüllt mit magerem Fleisch, Ricotta, Spinat, Mangold, Kürbis, Wild etc. kennt der Einfallsreichtum beim Füllen kaum Grenzen.
Falls Ihnen der Anblick eines gefüllten Schweinsfußes mit Linsen, das traditionelle zampone, nicht behagt, so probieren Sie das Haxerl „versteckt“ in einer bollito misto: In einem Topf werden Rindszunge (lingua), cotechino, zampone und Rindfleisch zart weich gegart.
In der Küstenregion wird Fisch aufgetischt. Die Aale, anguille, stammen traditionell aus Comacchio; mariniert oder in einer Suppe serviert werden sie in der gesamten Region geschätzt, wie auch brodetto, eine ergiebige Fischsuppe.
Der mild-würzige aceto balsamico wird in und um Modena aus Weißwein eingekocht, vergoren und in Holzfässern gelagert. Diesen edlen Essig bloß als Salatwürze zu verwenden wäre viel zu schade: Ein Schuss aceto balsamico verfeinert Suppen, würzt eine Käseplatte oder verleiht einem Dessert einen geschmacklichen Kontrapunkt.
Das milde Klima versorgt die Menschen mit Mangold, Spinat, Zucchini, Paprika, Artischocken und vielerlei mehr Gemüsesorten. Daraus entstehen unter anderem torte salate, Gemüsekuchen, und minestrone nach verschiedensten Rezepturen.
Toskana, Ligurien und Umbrien
Die sanft hügelige Landschaft der Toskana birgt unzählige kleine Gärten, in denen Obst und Gemüse, sonnengereift und voller Aroma, geerntet wird. Hochwertige regionale Zutaten und Gerichte, die dem Jahrlauf folgen, machen das Besondere der toskanischen Küche aus.
Aus der Maremma stammen die Rinder, die das vorzügliche Fleisch für bistecca fiorentina, sanft über Holzfeuerkohle gebratene Steaks, liefern. Serviert wird dieses Gericht, das mindestens zwei Esser verlangt, meist mit kleinen weißen Bohnen oder Gemüse der Saison. Das Aussehen mag Sie etwas zögern lassen, doch verabsäumen Sie es nicht, auf den Märkten trippa alla fiorentina zu verkosten, Kutteln, die für einen schnellen Imbiss in ein Stück Weißbrot gefüllt werden; im Restaurant werden sie aus einem heißen Tonschälchen gegessen.
Die Küche ist zwar fleischarm, Gerichte mit Wildschwein und Kaninchen bilden hier die große Ausnahme und werden zu Ragout für eine Pasta (pappardelle alla lepre); Kaninchen mit Schokolade und Rosinen erinnert heute noch an die Sarazenen. Die Eichenwälder bereichern den Speisezettel mit den beliebten Steinpilzen (porcini) und Kaiserlingen (ovolo).
Nähert man sich der Küste, so bringt eine cacciucco größte Gaumenfreuden. Diese berühmte Fischsuppe aus Livorno wird aus Meeresfrüchten und verschiedensten Fischen zubereitet, fein gewürzt mit Chili und Knoblauch. In Pisa sind cee’ alla pisana, durchsichtige kleine Aale, gebraten in Olivenöl und mit Salbei gewürzt, eine Mahlzeit wert.
Naht der Winter, so werden die Speisen kräftiger: Deftige Suppen wärmen, und finocchiona, eine mit Fenchelsamen gewürzte Rohwurst, und Brot stärken als Proviant bei einer Wanderung von Weingut zu Weingut. Panforte, ein sehr harter Kuchen aus Mandeln und Trockenfrüchten, hat in Siena sein Zuhause und beschließt die Mahlzeit.
Die einfachen Gerichte Liguriens bestechen durch die Würze aus wilden Bergkräutern wie Bergminze, Thymian, Oregano, Wacholder, Wiesen-Salbei, aber auch Rosmarin und Lorbeer. Kräftige Aromen machen auch die Besonderheit eines der berühmtesten kulinarischen Exportgüter dieses rauen und zugleich sanften Küstengebiets aus: pesto alla genovese aus Basilikum, Pecorino und Parmesan, Pinienkernen, Olivenöl und Knoblauch. Es würzt Suppen, Gnocchi und Nudeln und schmeckt als Aufstrich auf frischem Weißbrot. Eine überzeugende Kombination ergeben Muscheln und Bohnen als Hauptingredienzien für eine Suppe.
In Umbrien dreht sich kulinarisch alles um die Trüffel: Pasta und Risotti - selbst Forellen kommen mit Trüffeln gespickt auf den Tisch. Ohnehin werden viele Zutaten für die herzhaften und einfachen Gerichte der Region aus dem Wald geholt: Wildschwein und Kaninchen für Braten und Saucen, Steinpilze mariniert für antipasti, für Pasta, als Beilage oder prominent als Hauptgericht. Kastanien und Eicheln dienen als Futter für die Schweine, deren aromatisches Fleisch zu Würsten und Schinken und - wohl einzigartig in Italien - zu lombetto sott’olio, dem umbrischen carpaccio, verarbeitet wird. Hülsenfrüchte gehören zu den Grundnahrungsmitteln der Umbrier, selbst die regionale minestrone beinhaltet neben frischem Gemüse Bohnen und Platterbsen; aus lenticchie, kleinen Linsen entsteht die zuppa di lenticchie di Castelluccio. Zum Abschluss einer Mahlzeit wird mitunter Düsteres aufgewartet: fave die morti, „Totenkuchen“ aus Schokolade und Nüssen, überzogen mit einer Zuckerglasur.
Marken, Abruzzen und Latium
Fruchtbare Wiesen und Weiden und der Fischreichtum bilden die Grundlage für die Küche der Marken. Eine Delikatesse sind die vielen Fischsuppen, brodetti, die gewürzt mit heimischem Safran (alla recantese), mit Paradeisern und mehr als zehn verschiedenen Fischsorten (brodetto di Ancona) oder mit Dattelmuscheln (di datteri) auf den Tisch kommen. In den Marken wird gerne und alles gefüllt zubereitet: Muscheln, Fleisch, Fisch, Gemüse, porchetta (Spanferkel) - und Oliven. Olive ripienne all’ascolana, mit Fleisch und Käse gefüllte, herausgebackene Oliven, gehören zu den beliebtesten Antipasti. Eine Besonderheit der Marken ist vincisgrassi, Pasta mit verschiedenen Füllungen und einer Decke aus Bechamelsauce.
In Latium können Sie den frischen, strahlend weißen mozzarella noch aus Büffelmilch verkosten; caprese, Mozzarella- und Paradeiserscheiben, beträufelt mit Olivenöl und mit Basilikum bestreut, scheint nirgends so gut zu schmecken wie hier.
Intensive Gewürze sind das Markenzeichen der Küche des Latium: spaghetti all’amatricana mit Paradeissauce, Speck, Schafkäse und Peperoncini; saltimbocca alla roma, Kalbsschnitzel mit Schinken und Salbei; der Lammbraten, abbacchio, wird gern mit Artischocken serviert, die mit Minze gewürzt werden; deftiger schmeckt das Lamm als abbacchio alla romana, in Knoblauchsauce. In kaum einer Region werden so viele Saubohnen (fave) verzehrt wie hier.
Die Farbe Rot dominiert die Küche der Abruzzen. Feuerrote peperoncino, sonnengereifte Paradeiser und Speck verleihen den Gerichten ihre intensive Farbe. Auch die maccheroni alla chitarra, die vierkantigen Spaghetti (der dünn ausgerollte Nudelteig wird auf einen mit Stahlfäden bespannten Holzrahmen - die „Gitarre“ - gelegt und durchgedrückt), leuchten rot mit einer Sauce aus Bauchspeck, Paradeisern, Pecorino und frischen Gewürzen. Die fangfrischen Fische und Meeresfrüchte werden - na klar - mit saftigen Paradeisern und peperoncini zubereitet. Unter den verschiedenen brodetti sticht die guazzetto di pesce hervor, eine Fischsuppe mit Heuschreckenkrebsen und Scampi.
Verlässt man die Küste und begibt sich ins Hinterland, verdrängt das Lamm die Fische in der Küche. Das zarte Fleisch wird mit Wildkräutern gewürzt, gefüllt oder in Wein zubereitet.
Fegato dolce - ein verheißungsvoller Name, hinter dem ein süß-pikanter Aufstrich aus Kalbsleber, Honig, Pistazienkernen und kandierten Orangen steckt.
Apulien, Kalabrien, Kampanien
Ganz Süditalien schwelgt in frischem Gemüse, kurz gebraten mit Olivenöl und Zitrone, gewürzt mit peperoncini und Knoblauch. Mit Knoblauch wird im Norden Apuliens generell nicht gegeizt, im Süden begnügt man sich mit der Schärfe der peperoncini. Die Beliebtheit von Pasta ist grenzenlos, an der Spitze der Nudeln aus Hartweizengrieß befinden sich die orechiette (Öhrchen), kleine runde Nudeln, deren Form an Ohren denken lässt. Das Klima verwöhnt die Region mit frischem Gemüse, das gegrillt oder getrocknet und in Olivenöl eingelegt wird; ein Genuss die pomodori secchi, die getrockneten und in Olivenöl eingelegten Paradeiser mit einem Hauch von Knoblauch und Oregano. Zu Hause wie im Restaurant schätzt man Püree aus fave, knackig grünen Saubohnen, oder ceci (Kichererbsen). Unter den vielen Käsesorten stechen der provolone, ein schnittfester Weichkäse, und die burrata, ein Käse mit Butterrahm, hervor. Ein Leibgericht aus dem Meer ist dentice alle olive, Zahnbrasse, gegart in einem Sud aus Olivenöl und schwarzen Oliven.
In Kalabrien schmücken Kränze aus peperoncini viele Türen und leuchten rot aus den verwinkelten Gassen hervor - und die feurigen Schoten fehlen in keiner Küche. Sie aromatisieren feines Olivenöl, würzen Pasta und Salami.
Für involtini di pescespada wird Schwertfisch in Scheiben geschnitten, mit Schinkenblättern und Mozzarella gefüllt, mit frischen Kräutern gewürzt, zusammengerollt und gebraten. Sollten Sie capretto al forno, Zicklein aus dem Ofen, auf einer Speisekarte entdecken, dann greifen Sie zu, diese Köstlichkeit wird nicht immer angeboten. Süße rote Zwiebeln, cipolle, aus Tropea werden verkocht, als Antipasti serviert und zu einem köstlichen Brotaufstrich verarbeitet.
Kampanien liebt es in der Küche einfach und unkompliziert - nicht zum Nachteil der Feinschmecker. Gerichte wie fusilli alla napoletana, Nudeln mit Paradeissauce; spaghetti alla vongole, Spaghetti mit Venusmuscheln; penne alla putanesca, Röhrennudeln mit einer Sauce aus Paradeisern, Oliven und Kapern, brauchen einzig und allein frische, gute Zutaten, Experimente sind schlicht nicht notwendig. Nationalgericht Kampaniens ist die pizza, immerhin wurde sie in Neapel erfunden; pizza margherita und pizza napoletana wurden in der sonnenverwöhnten Stadt am Meer kreiert. Und nicht nur die Neapolitaner behaupten, die Pizza aus Napoli sei die beste der Welt.
Sizilien
Duftende Zitronen- und Orangenhaine, knorrige Olivenbäume, die das Rohmaterial für grün-goldenes Olivenöl tragen; blau glitzerndes Meer, aus dem Schwertfisch, Thunfisch, Sardellen und vieles mehr geholt wird - die Küche Siziliens ist ebenso bunt wie das Land selbst. Auf den farbenfrohen, lebendigen Märkten wird das ganze Jahr über frisches Obst und Gemüse angeboten. Duftende Wildkräuter und Wildgemüse werden großzügig in der Küche verwendet: Fenchel, wilder Spargel, Borretsch, Kapern und Karden würzen Suppen, Pasta Fisch, Fleisch und Eintöpfe.
In vielen Gerichten macht sich der Einfluss fremder Kulturen bemerkbar. Orientalische Geschmacksnoten zeigen sich von den antipasti bis hin zu den Desserts, die zumeist aus Mandeln, Marzipan und kandierten Früchten zubereitet werden. Zimt, ricotta und kandierte Orangen ergeben die Fülle für cannoli, feineWaffelröllchen. Couscous erhält das Aroma von Zimt, Gewürznelken und Muskatnuss, serviert mit Fischen und Meeresfrüchten. Spada (Schwertfisch) und tonno (Thunfisch) wird vor dem Grillen in einer Marinade aus frischem Orangensaft, Lorbeer und Rosinen eingelegt.
Arancini di riso - frittierte Reisbällchen, gefüllt mit Erbsen und magerem Fleisch - eröffnen so manches Mahl, mitunter auch eine minestra di ceci, Kichererbsensuppe.
Das letzte Wort soll und darf die Pasta haben, sie wird auch im südlichsten Teil Italiens großgeschrieben: pasta nasciata aus Ragusa, pasta con le sarde, canelloni alla sicialiana, pasta alla norma (mit Paradeisern, Melanzani, Ricotta und Basilikum) und orecchiette … viel mehr als nur Grundnahrungsmittel, sie ist Kultur, Geschichte und Genuss in allerhöchster Perfektion.