Der Bouillabaisse geht es nicht schlechter als der Bohnensuppe: Sie ist ein Gericht, an dem jeder seine Kreativität erproben kann, ohne dass der Himmel der Kochkunst einstuerzt.
Sie ist nichts anderes als eine ziemlich einfache Fischsuppe, in der ein paar Fischstücke schwimmen. Diese Fischstücke haben die Aufgabe, die Suppe kostbar aussehen zu; außerdem sorgen sie dafür, dass die Esser satt werden.
Nicht zu gebrauchen sind Rougets, Makrelen, Heringe, Aale, Sardinen, Anchovis und alle Flussfische. Sie verbreiten zum Teil bittere oder evtl. tranige Aromen oder evtl. haben gar keinen Wohlgeschmack. Denn diese Fischversammlung ist nur dazu da, Wohlgeschmack an die Suppe zu bringen. Im Verlaufe der Suppenherstellung werden sie ausgequetscht und weggeworfen.
Bis es so weit ist, geschieht Folgendes: In einem großen, schweren Kochtopf werden in 1/2 Tasse Olivenöl zur selben Zeit all die Billigfische angebraten, welche vorher brutal zerhackt wurden, sowie 2 große Zwiebeln, 1 große Karotte, beide in Scheibchen geschnitten, 1 Zweig Staudensellerie, 4 geviertelte Paradeiser, 5 zerdrückte Knoblauchzehen und noch 1 Zweig Thymian hier und 1 Lorbeergewürz dort.
Die vagen Angaben über die Art der Fische sollten Sie nicht beunruhigen. Denn noch mal einmal gilt hier die von mir geliebte Küchenregel: Es kommt nicht drauf an! Natürlich ist eine mittelgrosse Rascasse (Drachenkopf) besser als 500 Gramm anonyme Kleinfische, aber die Suppe wird in jedem Fall schmackhaft. Wenn das Gemüse-Fisch- Gesindel genügend leicht angebraten ist (darf nicht braun werden!), bitte 1 großes Glas trockenen Weißwein aufgießen. Diesen ziemlich verkochen und dann mit 1 1/2 l Wasser aufgiessen. Mit Meersalz und Cayenne würzen. Kochen, bis alles zusammen matschig ist.
Das ist der Moment, wo die Bouillabaisse entsteht. Denn nun wird das Ganze, Fischstücke, Köpfe, Gemüse, Gräten, durchpassiert. Wie und womit, das hängt von der Ausrüstung Ihrer Küche ab. Ein großes, stabiles Sieb kann genügen, aber eine Flotte Lotte erfüllt auch ihren Zweck. Jedenfalls entsteht so eine leicht sämige Fischsuppe, die jetzt zum ersten Mal richtig gewürzt wird. Und zwar mit ausreichend Cayenne, Paradeismark, Safranpulver, 1 Tl (oder 2 Tl) abgeriebene Orangenschale, 1 Tl Pastis (etwa Pernod), sowie 1/2 Tl Currypulver. Sollte die Fischsuppe, die da entsteht, zu dünn sein (dünn in der Konsistenz wie auch geschmacklich), so war das Verhältnis von Fisch zu Wasser nicht genau richtig. Da hilft simples Einkochen ganz wunderbar.
Ist das Ganze recht geraten, wird hinzugefügt, was die Bouillabaisse so spektakulär macht: sauber präparierte Stückchen von verschiedenen Edelfischen. Also Steinbutt, Seewolf, Dorade, Seeteufel, Sankt Petersfisch, Meerbrasse und was der Händler sonst vorrätig hat. Die dürfen auch in geben von Filets in die Suppe. Nur Lachs darf gar nicht, und ob Krebsschwänze, Hummer und dergleichen in die Suppe kommen, ist mehr eine Frage des Stils als des Geschmacks.
Wichtig ist nur, die Garzeiten der Einlagen zu beachten! Ein Seeteufel braucht beinahe doppelt so lange wie eine Brasse, es soll aber kein Fisch trocken sein und zerfallen, wenn man ihn sich auf den Teller packt, bevor er mit der Suppe übergossen wird. Man kann natürlich alle Edelfische weglassen, und es bleibt immer noch eine vorzügliche Fischsuppe übrig. Die kann man mit gerösteten Brotwürfeln dekorieren, welche mit frischen Knoblauchzehen abgerieben wurden.
Traditionellerweise isst man am Mittelmeer die Fischsuppe mit Rouille, das ist eine mit Cayenne scharf gepfefferte Knoblauchmayonnaise, die den Vorzug hat, hinreissend zu schmecken und die Bäuche unerfahrener Touristen grandios zu blähen. Unvergesslich! Man muss dazu keinen Rose trinken. Wer im Leben schon unterschiedliche Weine getrunken hat, verfällt diesem Touristentrost sowieso nicht.